Als wir von Portland aufbrachen, war uns klar: das ist die letzte Etappe
unserer Reise, das letzte Mal Kilometer schrubben, das letzte Mal anhalten wo
es schön ist. Die Great Ocean Road lag vor uns; Spannung, Freude und Wehmut
machte sich breit.
Sowohl Remco, als auch René haben diese Straße noch nicht genießen
dürfen. Ich hatte das Glück, die Great Ocean Road im Mietwagen mit dem Rest der
Familie zwei Monate zuvor gesehen zu haben – und deshalb tauchte in meinem Kopf
trotz meiner leider ununterdrückbaren Frankophobie unzählige Male der Begriff
„Deja-vu“ auf. Ich kannte tatsächlich noch Plätze, Kurven, Strände und Steine.
Während ich im April von Westen nach Osten fuhr, gingen wir die Strecke
dieses Mal unserer Richtung folgend „von links“ an. Die Great Ocean Road bot
noch immer überwältigende Ausblicke und Felsformationen, denen wir uns kaum
satt sehen konnten. Weil im April leider nur ein Tag zur Erkundung der GOR einberaumt werden konnte, verpassten wir das westliche Ende der Straße und ich
sah Plätze, die für mich ebenso neu waren wie für meine zwei Subaru-Brüder. Die
dreifache Zeit war dafür vollkommen ausreichend, um auch noch hier und da
rechts ran zu fahren, ein paar Meter zu laufen und die Umgebung auf sich wirken
zu lassen.
Ihr kennt es nur im Dunkeln, doch so sieht es in Port Campbell im Hellen aus - wie ihr seht, haben wir damals wärmeres und besseres Wetter gehabt, auch wenn es heute nicht regnete. Kennt ihr diese Location noch?
Es sieht alles noch gleich aus. Sogar der Tafelanschrieb ist der selbe geblieben. Wir haben allerdings nur einen Kaffee getrunken, da Remco ein paar Stunden laufen wollte, ich meinen Perth-Blogpost tippte und René sich von einem sich anschleichenden Fieber im Warmen erholen wollte. Das ist der Blick draußen im Hellen. Die Wellen sind viel höher und massiver gewesen als das letzte Mal. Zum Sunset haben wir uns mit Remco an den Twelve Apostels verabredet. Dort folgte das letzte Deja vu für heute. Die 12 Apostels. Wir waren zum Sunset da, doch gab es keinen Sunset..nur die üblichen Japaner. Der Stein, an den ich das iPhone gelegt habe, die Schilder, der Blick - alles war vertraut und bekannt, nur dass diesmal mein eigener Schlitzaugenporsche auf dem Parkplatz stand. Auf dem wurde heute Rule No. 3 verewigt (nicht verewigt, nur temporär. Die Botschaft stimmt):
This is really badass |
Nach über 6.000 gefahrenen Kilometern kamen die Australier doch noch auf
die Idee, uns Rechtsverkehr-gewöhnten Europäern auf ihre falsche Seite
hinzuweisen. Weil wir so weit unfall- und zwischenfallfrei gekommen waren,
waren wir uns einig, dass die eigentliche Ursache für die Schilder an jedem
Parkplatz entlang der GOR chinesische und –natürlich- französische Gründe
hatte.
Eine unserer ersten Stopps war die Bucht von Moritz. Ein Bild von ihm
und seiner eigenen Bay wäre der Knaller gewesen, doch mangels des „Wurms“
musste ich auf das Foto:
Der Wurm ist aber nicht der einzige mit persönlichem Ortsbezug. Obwohl
es etwas außerhalb lag, bekam ich meine Mitreisenden aus Eigeninteresse
überzeugt, die Küste Richtung Norden zu verlassen und so kochten wir nach einem
anstrengenden Walk auf einem ca. 45cm breitem Trail am Hang beim Schild von
„Sabine Falls“.
Auch westlich von Port Campbell und damit außerhalb unserer
Mietwagen-Reichweite lag „The Arch“, eine wunderschöne Bogenbrücke aus
Sandstein – geformt von abermillionen starker Brecher des eisig kalten
Südaustralischen Meeres.
Vermutlich liegt die Ursache für die immer unruhige, aber dafür umso
beeindruckendere Brandung in der einziehenden Jahreszeit. Wir hatten sehr
wechselhaftes Wetter mit mal strahlender Herbstsonne und einer leichten Brise,
dann wieder strömenden Regen im Subaru und zwischendrin auch mal ein
wolkenverhangener, düsterer Himmel. Das brachte Abwechslung und Variation in
die Eindrücke, denn man mag nicht glauben, wie sich die schon romantisch
wirkende Küste im goldenen, warmen Abendlicht zum unwirtlichen Tor der Arktis entwickeln
kann:
Ein kurzes Video zur Brandung.
Diese Felsformation wurde nur „Razor“ genannt. Tatsächlich finde
ich, dass der Sandstein aussieht wie ein Rasiermesser unter dem Mikroskop!
Drei Tage an der Great Ocean Road bietet nicht nur die Chance auf drei
Sunsets, sondern auch auch drei Sunrises. Einen von ihnen wollten wir an den 12
Apostels verbringen. Ohne Sonnenuntergang an diesem Hotspot ist man natürlich
nie da gewesen, doch wer einen Sunrise gesehen hat, unterscheidet sich von den
rund 15 Millionen, nervtötenden Asiaten. Leider glückte uns dieser Versuch genauso wenig wie der des Sunsets –
die Wolken waren unkooperativ, was mir besonders wegen Remco und René leid tat.
Ich habe ja schon im April meinen eindrucksvollen Twelve-Apostels-Sunset
gehabt!
Twelve Apostels |
Die Realität machte natürlich trotz der teils unwirklich erscheinenden
Szenerien keine Pause und so lagen mir zwei Dinge auf dem Herzen: Der Verkauf
des Subarus und meine bevorstehenden zwei Wochen in den USA.
Letzteres wurde nach den drei Regeln angegangen und war zu diesem
Zeitpunkt ungefähr so organisiert wie mein Trip nach Australien fünf Monate
zuvor: gar nicht. Nur Visa und Flug. Damals hatte ich aber schon eine
Schlafgelegenheit, was ich ungefähr eine Woche vor meinem kontinentalen Transit
noch nicht behaupten konnte - weder für
Honolulu, noch für New York. Ich wollte nämlich, inspiriert von all den coolen
Storys, couchsurfen.
"The Arch" |
The Arch Artists. |
Remco & Me |
Dafür bewarb ich mich in erster Linie für New York bei unzähligen CSern.
Ich glaube, im Laufe der ersten Maiwochen versendete ich über 30 Anfragen,
jeweils mit persönlicher Begründung in die Richtung „I choose you because…“
oder “It looks like we have in common that…“, doch bekam ich nur zwei
Antworten. Und beide waren negativ. Die New Yorker Hostels sind Mitte Mai
natürlich auch alle voll bis zum Rand und weil ich eine optimale Lage haben
wollte, stellte sich die Unterkunft als Problem dar – entweder für mein
New-York-Erlebnis oder meinen Geldbeutel. In Hawaii sah die Situation ganz
ähnlich aus. Auch hier schickte ich erfolglos einige CS-Anfragen, bis es mir zu
knapp wurde und ein Hostel buchte, das mir von einer Bekannten empfohlen wurde.
Bis ich mich zu dieser Entscheidung durchgerungen hatte und mir endlich mein
Scheitern bei den „Mitschlafgelegenheiten“ eingestand, war viel Zeit vergangen.
Erst danach konnte ich mich während der Fahrt über das iPhone durch unzählige
Foren forsten, dutzende Apps laden und lesen und Erfahrungen austauschen, um
herauszufinden, was ich denn sehen wollte. Das war meine Beschäftigung auf
weniger interessanten Fahrtabschnitten der Great Ocean Road, doch trotz all den
tollen Dingen und den fantastischen Bildern der Websites hätte ich mich zu
diesem Zeitpunkt am Melbourner Flughafen dreimal lieber in den Flieger nach
Frankfurt als nach Hawaii gesetzt. Ich hatte keine Vorfreude auf die Staaten,
ich hatte Sehnsucht nach Deutschland!
Die zweite Sorge war unser „must sell quickly“-Subaru. Während unser
Tage in Portland blieb das iPhone stumm während daheim alle schliefen, und so
zuckte ich bei jeder SMS und Whatsapp-Nachricht zusammen und lugte gespannt auf
das Display. Und tatsächlich konnte ich am 05. Mai nachmittags eine iMessage
vorlesen!
Best moment of the day |
Für die Antwort brauchten wir ewig. Was schreiben wir, um unsere
Verzweiflung nicht durchscheinen zu lassen und um abgebrüht zu wirken? In den
vorangegangenen Tagen wurde mir öfters bewusst, wie naiv doch unser Gedanke
eines Verkaufs von diesem Karren war und wollte daher nicht zu hoch pokern.
Wenn wir den Subaru für 600$ verramschen, sind das noch immer 600$ mehr als zum
Schrottplatz zu fahren! Remco war allerdings anderer Meinung und so einigten
wir drei uns auf eine distanziert-seriöse Antwort. Keine Ahnung, ob uns diese
Wirkung gelungen ist, doch war es ein verdammt cooles Gefühl, einen
Interessenten zu haben – im weiteren Verlauf der Konversation machten wir einen
Termin in Melbourne aus!
Luch in our beautiful car |
Über Interesse anderer konnte sich unser Subaru grundsätzlich allerdings
nicht beschweren. In den von den Touristen gesäumten Dörfern der Küste war das
Auto ein echter Blickfang. Ich schätze, das lag nicht nur an den fancy blue
lights (wir hatten blaue Lichter an der Türe. Das war cool) oder unserer
Kleiderbügelantenne, sondern vor allem an dem Dreck, den Lackschäden und dem
riesigen WHY NOT auf der Motorhaube. Erst
diese Panzertape-Produktion machte den Subaru komplett!
Trotz allem wurde ich von einer europäischen Reisegruppe ziemlich
entgeistert angestarrt, als ich auf einem Parkplatz Anlauf nahm und mit lautem
Poltern über das nachgebende Blech der Motorhaube stampfte. Das hinterließ zwar
eine große, aber dafür gleichmäßige Beule und wenn man schon so ein Auto hat,
darf man jawohl auch Abkürzungen nehmen. Die Gesichter waren es auf jeden Fall
wert.
Rule No. 3: Why not? |
Trotz all dem Wehmut gefiel uns diese Etappe ganz besonders. Definitiv
ein Must-See Australiens! So tat es etwas weh, wieder ins Landesinnere Richtung
Melbourne abzubiegen und das Meer hinter sich zu lassen. Gleichzeitig war ich
aber auch erleichtert, jede Sekunde näher an zu Hause zu kommen. Das Gefühl,
das mich beherrschte, ist schwer zu beschreiben, denn es hat etwas von Trennung
und Verlust, aber auch von Erleichterung und Freude.
Von Moritz. Er zählt die Tage |
Am 06. Mai gegen zehn Uhr morgens überschritten wir die Melbourner
Stadtgrenze.
Diesen Kandidaten fanden wir am Strand |
und diesen auf einen unserer Offroad-Touren im Inland... ...querbeet über Wald und Wiese. |
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