Dienstag, 19. November 2013

1993 Subaru Liberty Wagon. Must sell quickly!

Ab jetzt war unser Subaru wirklich als ein Auto von backpackern ohne Geld zu erkennen. Der blickdichte Plastikverschlag sah assi aus und passte zum Rest des Gesamtpakets. Weniger als 400 km nach Melbourne, weniger als zwei Wochen zum Abflug - jetzt war wohl der richtige Moment gekommen, über den Verkauf des Autos nachzudenken. 


Schritt 1: die polnisch-türkisch importierte Wagenwäsche "für gute Auto, 100% in Ordnung".

Wir investierten ca. 2% des Schätzwertes unseres Subarus in eine Waschstraße und holten mit dem Geschirrschwamm raus, was ging. 

Schritt 2: Die Fähnchenhändler der Stadt.

Ursprünglich war geplant, uns kurz vor Melbourne mit einem Verkauf auseinander zu setzen. Im Optimalfall würden wir den Subaru in der Stadt losbekommen und jeweils mit einem Stapel 50er in den Flugzeugen sitzen. In dieser best-case-Kalkulation war die Heckscheibe aber noch da und jetzt wollten wir von "Fachleuten" wissen, was wir denn noch für den Karren bekommen könnten. Wir waren sogar bereit, bei einem guten Deal das Auto gleich stehen zu lassen.

Wir statteten zwei Händlern einen Besuch ab. Beide waren freundlich und beide haben uns ausgelacht.
Tatsächlich hätte es mich gewundert, wenn ein professioneller An- und Verkauf diesen Subaru auf seinem Hof hätte haben wollen. Dafür haben sie uns aber nett beraten und uns unsere Situation unangenehm aufgezeigt:
  • Das Auto ist alt, hässlich und klapprig
  • Die Radioantenne ist eigentlich ein umgebogener Kleiderbügel und 
  • Die Heckscheibe fehlt. Also 
  • Kauf ich nicht. 
Das wussten wir eigentlich ja schon, doch das was uns wirklich schockierte war:
  • Um das Auto im Bundesstaat Victoria an einen Backpacker oder sonst wen zu verkaufen, braucht es eine Zulassung in Victoria
  • Eine Zulassung in Victoria benötigt den australischen TÜV
  • Unser Auto bekommt kein TÜV
  • Victoria hat die strengsten Gesetze Australiens, was das roadworthy-Zertifikat angeht
  • Unser Auto bekommt niemals TÜV!!!
So war das bei der Abreise nicht geplant! Wir wollten es in Victoria einfach nur mit der Western-Australia-Registrierung weiterverkaufen - in keinem Land des gesamten Kontinents waren die Regeln lascher als in WA. Bei dem Auto hätte einiges gemacht werden müssen. Stoßdämpfer, Blinker, Zündschloss (man konnte während der Fahrt den Schlüssel abziehen und ganz normal weiter fahren. Wenn man ihn also aus dem Fenster wirft, läuft der Motor so lange bis der Sprit leer ist)…all das war nicht zu stemmen, und wir sahen unseren Traum vom fast-verlustfreien Weiterverkauf platzen. So war das Auto tatsächlich nur noch einen Haufen Metall wert.

Auf den Boden der Tatsachen gesetzt, blieben da erst einmal. Wir checkten am Morgen, was denn eine neue Scheibe kosten würde: zwischen 360 und 420 Dollar, und ein paar Tage Lieferzeit, denn der 1993er Subaru Liberty Wagon war nicht allzu oft auf australischen Straßen unterwegs. Wir wollten nicht das Risiko eingehen, eine neue Scheibe zu kaufen und dann doch zum Schrotthändler fahren zu müssen. Daher planten wir, das Auto einfach für 400$ unter Heckscheibenwert zu verkaufen. Jetzt wussten wir: Schwierig.

Schritt 3: Und jetzt?
Müde, abgeschafft und perspektivlos waren wir nun also in Mt. Gambier gestrandet. Weil wir wirklich nicht wussten, was wir tun sollten, legten wir uns auf die grüne Wiese am blauen See und aßen erst einmal etwas. Wir fühlten uns zu diesem Zeitpunkt einfach „leer“ und konnten nur noch den Kopf schütteln. Der Blue Lake, Mt. Gambiers Attraktion, half nur wenig.

Der Blue Lake wechselt in den wärmeren Monaten seine normalerweise blaugraue Farbe und nimmt eine intensive und faszinierende Blaufärbung an. In einem Krater des Vulkans Mt. Gambier gelegen, ist das schimmernde blaue Loch umgeben von steilen Felswänden, die durch sattes Grün gekrönt werden. Der Anblick dieser Farbkonstellation im seichten herbstlichen Nachmittagslicht macht Mt. Gambier wirklich einen Umweg wert. Der Mechanismus des Farbwechsels war lange Zeit nicht völlig geklärt - das Phänomen geht auf ein Wechselspiel zwischen der von Algen aufgebauten Trübung des Wassers, der Ausbildung einer warmen Oberflächenschicht und der temperaturabhängigen Ausfällung kleinster Kalziumkarbonatteilchen zurück, welche die blauen Lichtanteile stark reflektieren.

Blue Lake, Mt. Gambier, iPhone quality 

Der Tag ging einfach nur vorbei und wir schliefen irgendwo in der Pampa. Allerdings wollten wir noch nicht weiterreisen, denn nachdem wir uns wieder etwas gesammelt hatten, beschlossen wir

Schritt 4: Unseren Subaru online stellen

Dafür benötigten wir das WLAN der Bibliothek in der Stadt und nette, rosstäuschende Bilder.

Wir arbeiteten mit allen Tricks und fuhren das Auto zu einer schönen Location mit Ausblick im Hintergrund. Zum zweiten Mal räumten wir alles raus, beseitigten den gröbsten Schmutz und ich machte Fotos. Um rauszuholen, was ging, ließen wir das Lenkrad schön eingeschlagen und ich schraubte die gute Festbrennweite auf die Kamera. Das, was nicht so ansehnlich ist, sollte durch die f/1,8-Unschärfe im wahrsten Sinne des Wortes verblassen. Für den Innenraum machte ich die Bilder mit dem Ultraweitwinkel der GoPro. Am Ende war ich zufrieden mit den Ergebnissen – es war ein klarer Unterschied zu den iPhone-Bildern der übrigen Backpacker-Verkäufer zu erkennen. Es gab Bilder mit offenen Türen, mit geschlossenen Türen, Innenraum vom backseat aus, Innenraum aus Fahrerperspektive...sogar ein Bild von unserem Motorblock schaffte es in die Anzeige, die wir unmittelbar nach dem „Shooting“ erstellten: 





…-ad/melbourne-cbd/cars-vans-utes/well-equipped-1993-subaru-liberty-wagon-must-sell-quickly/1018822184 – well equipped…das Auto ist ja nicht schlecht, nur hässlich! Außerdem wollten wir unsere gesamte Ausrüstung (zwei Campingkocher, Geschirr, Töpfe, Pfannen, Tisch, Schlafsäcke, Zelte und und und) mitverkaufen, um eventuelle Backpacker direkt anzusprechen. In der Heimat konnten wir mit all den Sachen auch nichts mehr anfangen. Nur eines nahm ich mit: die Luftpumpe für den Autostecker, dennzusammen mit Elisabeth plante ich einen Deutschland-Roadtrip in meinem großen Golf Kombi.

Als Preis legten wir wie zuvor angedacht ein sehr faires Angebot von 1.300$ VHB fest. Dieser Preis entstand aus folgender Kalkulation: 1.350 $ Auto + 300 $ Reparaturen + 200 $ Equipment = 1.850 $.
1.850 $ - 400 $ Heckscheibe – tausende gefahrene und verheizende Kilometer – gebrauchtes Equipment – VHB – wir-wollen-es-loshaben-Rabatt ≈ 1.000 $ Wunscherlös.

Schritt 5: Warten.

Wir erwarteten nicht, dass unser eMail-Posteingang bombardiert werden würde. Wohl aber sahen wir wegen unseres Entgegenkommens Chancen für einen Verkauf, als wir nach einem weiteren Einkauf im Coles am Tag danach wieder aufbrachen. Es ging direkt Richtung Küste; Ziel der Etappe war die Stadt Portland. Nachdem wir uns allmählich mit der Scheibe abgefunden hatten und Hoffnungen aus der Anzeige schöpfen, stieg die Stimmungslage wieder. Schließlich kann man auch nicht ewig den Kopf schütteln und sich ärgern! Und ganz besonders wichtig ist, dass die drei Regeln auch in Härtefällen gelten, speziell die erste:

Schritt 6: Never Complain!

sun gets weaker, days get shorter



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