Do It Like The Beatles Did. |
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From: Max
To: Sabine
Subject: km für km - die Nullarbor
Date: Friday, 26/04/13 6:45pm
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Hey zuhause!
Wir haben jetzt offiziell die Nullarbor hinter uns gelassen und in Ceduna wieder kurz Netz bekommen.
Die letzten drei Tage hatten ihren ganz eigenen Reiz, die Nächte auch. Dieser Abschnitt war definitiv etwas besonderes!
Da wir Esperance mittags verließen, fuhren wir dienstags nur ca. 300 km weit, mittwochs dafür 700 km und gestern um die 500 km. Die Landschaft stellte sich als vielseitig heraus, oder besser: relativ vielseitig, denn bei diesen Kilometern verliert man etwas die Verhältnisse. Mit Europa ist das einfach nicht zu vergleichen. Dort sieht man schließlich schon Unterschiede bei 50 km!
Adeleide - 1986 zur nächsten großen Stadt |
Da man zuerst nordwärts in Richtung Kalgoorie fährt, bleibt die Umgebung grün und voller Bäume. In Norseman bogen wir rechts ab und sparten uns die 500 km Hin- und Rückweg zur zweitgrößten Mine der Welt. Dort hätten wir den superpit anschauen können, doch es waren uns einfach zu viele Kilometer. Das kostet Sprit und außerdem ist der Subaru eigentlich kein Wüstenexplorer, auch wenn er uns bis dato keine Probleme bereitet hat.
Norseman hat auch eine Mine und man hat der Stadt mit ihren abgerissenen Häusern wirklich angesehen, dass hier der Hund begraben liegt. Zwar kann man noch richtig viel Geld verdienen (Einstiegsgehalt in den Minen über 100.000$), der Bergbau ist nach den Erzählungen einiger locals aber auch in Australien auf einem stetig absteigendem Ast. Norseman war die letzte Stadt vor der großen Weite - wir tankten noch einmal voll und wagten uns dann bis zum Einbruch der Dunkelheit vor.
Ein arbor! |
Null arbor |
Landwirtschaft gab es über Tausende von Kilometern nicht - es ist einfach zu verlassen und zu trocken, um irgendetwas anzubauen. Außerdem fährt man von einem Nationalpark in den nächsten, was man aber nur wegen der Beschilderung merkt.
Das Wetter war klasse. Man spürte die vorangegangenen Wochen den Herbst mit jedem Tag, es wird kälter und nasser! In der Wüste holten wir uns jedoch den Sommer zurück: tagsüber kletterte die Temperatur bis auf (geschätzte) 26°C, weshalb wir pausenlos die Fenster offen hatten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass gestern unser letzter heißer Sommertag in Australien war.
Meine erste Zeitzone, die ich auf dem Landweg durchquere |
Mit am beeindruckendsten neben der unendlichen Weite und dem Verlust des Zeitgefühls (wir haben eine komplette Zeitzone durchfahren) und der Scheu vor "200 more kilometres today" war der frequente Roadkill am Straßenrand. Ob das so ist, weil es keine traffic authority gibt die aufräumt oder ob erheblich mehr Wildwechsel stattfindet, wissen wir nicht. Wir sahen im Gesamtschnitt ungefähr alle drei km ein totes Känguru, ein halb ausgenommenes Känguru oder ein Skelett am Straßenrand. Es gab aber auch Abschnitte mit zehn Roadkills pro Kilometer! So bekam ich dann auch erstmals einige Wombats zu Gesicht, wenn auch nicht mehr in ihrem Ursprungszustand.
Vouchers: Fressen gibt es dank den Roadtrains genug |
Angesichts dieser Leichen und den vielen Bremsspuren haben wir uns gesagt, nicht nach Sunset zu fahren. Das Känguru wäre vielleicht nicht stärker als unser Subaru, aber überleben würde er es gewiss nicht. Und ausweichen mit einem bis zum Dach vollgeladenen Japaner BJ 1993 würde ziemlich sicher tödlich enden...
Verletzen will man sich ja auch nicht, denn das wäre eine Sache für den RFDS, den Royal Flying Doctor Service. Er muss hier nicht wie sonst üblich auf Gravel landen, sondern darf den Highway mitbenutzen: wir haben über fünf Landebahnen überfahren. Ein riesengroßes gelbes Schild warnt fünfhundert Meter vor einem zwanzig Meter langen Zebrastreifen mit "RFDS emergency airstrip", der über 2 km lang ist und an den Enden Wendeflächen hat. Ich hab da doch lieber einen Blick in den Rückspiegel geworfen, nicht, dass eine PC12 unseren Subaru überholt...
"RFDS Emergency Airstrip" |
Wie man hier ohne GPS und Funk navigiert? Keine Ahnung, Auffanglinien Mangelware |
Überholt wurden wir ständig. Autos, Wohnmobile, Trailer, Roadtrains - alle überholten uns, weil wir konsequent 90 fuhren, um Sprit zu sparen. Es gibt wohl keine Strecke, die spritsparender befahren werden kann - schließlich beschleunigen wir am Morgen aus dem Campground auf neunzig, setzen den Tempomaten und fuhren dann mehr oder weniger bis abends ohne zu bremsen durch. Natürlich stoppten und tankten wir, doch kein Hügel oder starker Wind beeinträchtigt den Durchschnitt.
Final Approach |
aaaaaaand he's gone |
90 Mile Straight - Lenkrad unnötig - Cruise Control rein und fertig |
Fuhren wir sonst mit ungefähr 11l/100km, schafften wir die letzten Tage 9l. Das ist bei den Spritpreisen nicht unwichtig: normalerweise günstig, verkaufte die teuerste Tankstelle auf dem Weg Normalbenzin für 1,91$; mit 1,60$ macht man hier einen guten Deal. Zum Vergleich: in bewohnten Gebieten zahlt man um die 1,46$ oder auch weit weniger. Wir schlugen uns mit 10l-Nachfüllen bis zu tragbaren Preisen durch; Tankstellen gibt es ungefähr alle 150 km. Sie sind neben zwei Aboriginie-Siedlungen die einzige Form der Zivilisation.
Für den akzeptablem Spritverbrauch ist die Cruise Control sicher mitverantwortlich, vor allem ist sie aber unglaublich bequem. Ich weiß nicht, warum es in Australien Autos ohne gibt!
Dank Gesprächen wurde das Fahren nicht langweilig. In der Zeit, in der ich hinten saß, tippte ich meinen Blogpost für Fraser und Notizen für die übrigen. Wenn es uns vorne doch langweilig wurde, veranstalteten wir Hupkonzerte - es interessiert da ja keinen, niemand da!
Das Verkehrsaufkommen war mit dem im Red Centre zu vergleichen, eher etwas weniger. Besonders zur Mittagszeit waren wir alleine. Roadtrains prägen das Straßen- und Geräuschbild - viel mehr und deutlich längere Lastwagen als im Zentrum des Kontinents.
Kamel, Womat, Känguru! |
Das haben wir vor allem nachts bemerkt. Rast- und Parkplätze gibt es sehr frequent ca. alle 50 km direkt am Highway und auf allen darf kostenlos gecampt werden. Wenn man "Glück" hat, gibt es Plumpsklo-Facilities, wenn nicht geht man auf die Bushtoilette. Die ist groß genug.
Unsere Hotelanlage |
Wie es sich für eine Wüste gehört ist es tagsüber warm und nachts saukalt. In der ersten Nacht hat der 16$-Schlafsack von K-Mart gezeigt was er kann und ich lag die halbe Nacht bibbernd im Zelt wach, trotz doppelter Socken, Handtuch um die Füße, zwei Jogginghosen, doppeltem T-Shirt, Pulli und der Krauss-Law-Jacke auf dem Bauch. Wir schätzten die Temperatur auf unter zehn Grad. Ich bin ein Weichei und um diesem Horror zu entkommen, verkroch ich mich die folgenden zwei Nächte auf den Beifahrersitz des Subarus - wahrlich nicht bequemer, aber wärmer. Jetzt weiß ich, wie ihr euch in Europa die letzten Monate gefühlt haben müsst!
Das Hotelzimmer von Remco und René |
Sunrise |
Es gibt neben der Weite selber einige Fotomotive entlang des Eyre Highways. Die Bunda Cliffs sind sehr beeindruckend und auch die Ruine der alten Telegrafenstation in Eucla sind einen Zwischenstopp wert. Wir haben inmitten der Ruine unsere Campingküche aufgebaut und bei Sonnenuntergang gegessen. Leider hatten wir die Nächte Vollmond, der zwar schön hell war, aber damit auch Startrail-Bilder in guter Qualität unmöglich machte.
Bunda Cliffs. Amazing! |
5$ Eintritt; ist es wert |
Der Landstrich mag zwar langweilig erscheinen, man sollte ihn aber doch nicht missen. So sieht die australische Weite und Unendlichkeit aus! Wir haben einige Australier getroffen, die nur wegen der Nullarbor nach Perth bzw. Adelaide fahren. Sie sind auch der Meinung, dass das im Reisetagebuch nicht fehlen darf.
Mit der Überfahrt von Western Australia zu South Australia habe ich abgesehen von Tasmania zudem meinen letzten Bundesstaat abhaken können.
Mit der Nullarbor haben wir unseren Gipfel hinsichtlich der Kilometer überschritten. Melbourne und der Abflug rücken leider immer näher...es fällt schwer zu begreifen, dieses Land bald verlassen zu müssen.
Liebe Grüßlis,
Max
...
PS. Eine Anekdote habe ich noch: Für das Beatle-Bild haben wir uns extra umgezogen. Dafür musste einiges Zeug aus dem Kofferraum geholt werden, dass wir auf und um das Auto verteilten.
Nach Bild und Zusammenpacken führen wir weiter. Ca. Fünf Kilometer später fragte René, ob wir die Sachen auf dem Dach ebenfalls eingepackt hätten...nein...links rangefahren, Dach gecheckt, nichts, umgedreht.
Ziemlich genau an unserem Fotospot fanden wir Remcos Kultur- und Geldbeutel dann wieder - oder zumindest das meiste. Mindestens ein Roadtrain hat beides überfahren und vollkommen zerbröselt. Der Führerschein war dreifach zerknickt und die Bankkarte fanden wir erst beim dritten Durchlauf. Die Brille ist vollkommen zerstört und 100$ Bargeld sind vom Wind verweht worden. Da freut sich der nächste Abbo über ein paar Liter Booze mehr! Wir haben noch Hunderte Meter weiter Kassenbons in den Büschen gefunden.
Seit diesem Erlebnis schauen wir nach jedem Zwischenstopp aufs Dach...
Suchort |
Ja, ich hielt es auch für ein Gerücht, aber auch in Holland muss man einen Führerschein machen! |
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