Samstag, 6. Juli 2013

Being lucky at Lucky Bay


Auch der folgende Tag im Nationalpark Cape Le Grande war nicht weniger interessant und erinnernswert. Wir fuhren den Schildern nach direkt durch den Park zur Lucky Bay, die uns im Visitor Centre empfohlen wurde.

Diese Bucht ist dafür bekannt, dass wild lebende Känguru-Rudel bei Ebbe regelmäßig den Strand aufsuchen, um im Tide-Bereich nach Essbarem zu fahnden. Natürlich hofften wir, welche anzutreffen, doch waren etwas skeptisch - und umso mehr überrascht, als nicht die Kängurus zu uns an den Strand kamen, sondern wir zu ihnen. Überall waren große und kleine, junge und alte Kängurus zu sehen, die entweder im Sand scharrten, die Umgebung mit aufgestellten Ohren absuchten oder so von Ort zu Ort hüpften, wie es nur das australische Nationaltier kann. Die Bucht, der Strand und das Meer spielten dabei stereotypisch so perfekt zusammen, dass sie komplettiert durch die Kängurus eine Kulisse wie im Traum boten. Wahrscheinlich kann man es sich gar nicht richtig vorstellen, wenn man diese Tiere noch nicht in natura zu Gesicht bekommen hat, doch kenne ich niemanden, dem beim Anblick junger Kängurus nicht das Herz aufgeht.


@ Lucky Bay.

Die Joeys bleiben stets in unmittelbarer Nähe zu ihrer Mutter, um im Notfall an ihrer Seite flüchten zu können. Erst mit zunehmenden Alter entfernen sie sich weiter und wenn sie ihre Mutter nicht finden können, wird sie mit einer Art Meckern gerufen. Dieser sehr charakteristische und individuelle Ruf erinnert an Ziegen mit dunkler Stimme und ist selbst für Menschen unverkennbar - mit gespitzten Ohren meinte ich, Unterschiede zwischen den Rufen zu erkennen.



Holländer Remco scheint mit einem besonderen Talent gesegnet: Er ist Känguru-Dompteur oder zumindest Animateur. Da weder Mutter noch Kind scheu waren, ließen sie sich bereitwillig von Menschen anfassen und Remco brachte es fertig, mit einem der Joeys zu spielen. Leider gibt es keinen  Videobeweis, doch René und ich sind lebendige Zeugen für seine Dompteurskünste: mehrfach imitierte das Känguru, das keinen Meter groß war, Remcos Bewegungen und stand wie er aus der Hocke auf, um die Arme -oder besser Ärmchen- über den Kopf zu reissen. Dies war ein Anblick für die Götter uns es ist jammerschade, dass Remcos Training nicht vor Lampenfieber schützt - vor laufender Kamera traute sich sein Schützling die mühsam geübte Choreografie nicht mehr zu und verkroch sich hinter seiner Mutter. Trotz intensiven Castings übriger Kängurukandidaten erwies sich the little one als echtes Naturtalent und wir mussten lernen, dass wirklich nicht jedes Känguru für das Showbiz geboren wurde.

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uuund für das Video - nö

Fotogen sind die Tiere dennoch und vor der fabelhaften Kulisse entstanden meine besten Känguru-Bilder. Leider kam ich vor dem plötzlichen Tod meines Computers nicht mehr zur Bearbeitung in Lightroom, doch sind auch die etwas dunklen Bilder einen Blick wert.


Obwohl wir aktive Travellers waren, konnten wir wegen der großen Distanzen im Nationalpark leider nicht auf unser Auto verzichten. Wir wissen jedoch, dass man seine Umgebung nicht erfährt, sondern erläuft, weshalb wir an den meisten Stopps ausgiebige Runden liefen. So auch in der Hellfire Bay, die ein umwerfendes Panorama bot, das Lucky Bay trotz der Kängurus noch einmal bei weitem übertraf.

Hellfire Bay

Das Wetter war an diesem Tag wunderbar sonnig und vergleichsweise warm - angesichts der Tatsache des derzeit in Deutschland wieder einkehrenden Winters war dies ein doppelter Genuss für uns drei. Mediterran angehaucht präsentierte sich die felsige Küste im Sonnenschein mit kristallklarem, türkisblauen Wasser in unglaublicher Hochglanzkatalogqualität. Man hat sich schier nicht sattsehen können und hätte sich am liebsten sofort in die starken Brecher geworfen - nur waren die Wassertemperaturen bei weitem nicht badetauglich. Wir kletterten in einer nicht unriskanten Aktion barfuß auf nassen Felswänden herum, um die beste Aussicht zu haben und erst als jeder von uns einmal abgerutscht ist und sich gerade noch vor dem Sturz auf Felsen und Wellen hat retten können, konnten wir uns vom inoffiziellen Panorama-Weg an der unmittelbaren Küste losreissen.

Die Anfänge - hier hatte ich noch Raum für Fotos


Im Zuge der weiteren Erkundung der Gegend bestätigte sich die Ähnlichkeit der Küstenlinie zu Griechenland; fast fühlte ich mich wie in Europa. Die felsige Küste hatte steile Absätze und war durch den vulkanischen Ursprung unterbrochen von grünen Grasflecken von durchweg dunkler Färbung, das einen unrealistischen Kontrast zum tiefblauen, klaren Meer erzeugte. Die gesamte Umgebung erschien an diesem Tag wie ein Produkt von Photoshop und obwohl ich durch Reisen und das Backpacking schon an einigen wunderschönen Plätzen der Welt und in Australien war, beeindruckt mich noch heute die Erinnerung. Ohne glorifizieren zu wollen, waren Blick, Stimmung und Umstände einfach perfekt, weshalb dieser Ort bei Hellfire Bay einer meiner australischen Lieblinge ist. Ein Pflichtstopp für jeden, der die Südküste erkunden möchte.



Jeder, der reist, weiß um die erschöpfende Wirkung von Eindrücken. Wenngleich sie auch nur von optischer Art sind, bin ich am Abend solcher Tage immer sehr müde und wir waren froh, zurück "nach Hause" fahren zu können. Wir hörten nicht auf, uns über die gebotene Infrastruktur und die Gastfreundschaft der Grays zu freuen und uns auf unser Glück hinzuweisen. Für mich hat in diesen Tagen einfach alles gepasst.

Genau DA - unser Navigationsinstrument. Nicht nur Cook kann ein Australien finden.

In Esperance blieben wir noch zwei weitere Nächte. Kats Familie besaß eine Fischerei mit angeschlossener Verarbeitung des Fangs - man war ganz auf Sardinen, die kleinen silbernen Fische, konzentriert. Das Geschäft schien einen guten Ruf zu haben, denn zu den Stammkunden des Betriebes gehörte der Zoo in Sydney mehr als 3.000 km entfernt: die dortigen Pinguine bekommen die guten Fische von South-West Sardines.
Gleich zum Einzug wurden wir gefragt, ob wir Interesse an etwas Arbeit in der Fabrik hätten. Als standhafte Backpacker waren wir natürlich bereit zu arbeiten und verbrachten den Montag zur einen Hälfte damit, zermatschte, tiefgefrorene und gepökelte Sardinen als Angelköder in Beutel zu packen (Tüte auf, Fisch rein, abwiegen, Fisch wieder raus, abwiegen, Tüte wieder zu) und zur anderen Hälfte mit dem Verpacken der als Futter tauglichen Fische in Kartons (gefrorener Block Sardinen kommt an, Tüte drum, zudrehen, Draht drum herum, in den Karton packen, Karton zu und Tape drum herum). Die Fische, die wir dort verpackten, landen sicher irgendwann einmal im Maul der sydney'schen Pinguine, sagten wir uns und ertrugen die stinkenden Hände genauso wie die unzähligen Schuppen in Kleidung und Haaren. Nach ein paar Stunden in der Verarbeitung stinkt alles, was man am Körper trägt...

Tiggy Two: wenige Monate alt
Obwohl wir länger hätten bleiben können, brach der Entdecker-Spirit in uns nach vier sesshaften Tagen wieder heraus und wir bereiteten uns auf eine Abreise am kommenden Tag vor. Wir hätten noch länger bleiben können, was wir bei mehr Arbeit auch getan hätten, doch nachdem wir die Umgebung ausgiebig und zufriedenstellend erkundet hatten, war der Aufbruchsdrang stärker als das Komfortbedürfnis. Die Tage waren großartig und die Eindrücke bleibend, wir konnten zufrieden gehen - so verabschiedeten wir uns am Dienstag von den Grays und Tiggy Two, bedankten uns für ihre außerordentliche Gastfreundschaft und gingen ein letztes Mal im örtlichen Coles shoppen. Die Wüste wartete! Auf unserer letzten Einkaufstour vor der berühmt-berüchtigten Nullarbor standen vor allem Konservendosen auf der Einkaufsliste - und genug Toast für mindestens drei Frühstücke, also fünf Laib. Wir freuten uns auf diese lange Etappe der großen Einsamkeit und stellten uns auf eine verlassene Straße ohne Verkehr oder Spuren der Zivilisation ein - der australische Traum; das Outback und wir. Der Subaru würde schon halten, sagten wir uns und brachen voller Vertrauen ohne Motoröl, dafür aber mit genug Nutella am Dienstagmittag in den weiten Horizont auf.

All on board

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