Sonntag, 28. April 2013

Fräsen auf Fraser

  


Eines der Highlights unserer Reise war der Besuch von Fraser Island bei Hervey Bay. Wie im damaligen Beitrag bereits erwähnt (link?), ist Fraser Island mit über 1840 (ca. 124x15) Quadratkilometern die größte Sandinsel der Welt. Damit ist sie ungefähr doppelt so groß wie Rügen. Durch die beeindruckende Schönheit der Wälder, dem 75-Mile-Beach und den mehr als 200 Süßwasserseen steht sie auf der to-do-Liste der meisten Backpacker, und auch ich wollte sie nicht missen - zumal sie mit einer Besonderheit aufwarten kann: man kann sie nur per Geländewagen erkunden.

Durch die Popularität unter Touristen und Backpackern entwickelte sich in den letzten Jahren ein großer Wirtschaftszweig. Die zwei Städte mit Fähranleger Rainbow Beach und Hervey Bay sind die Eintrittspforte zur Insel und an jeder Ecke sieht man Angebote zu den Frasertouren.
Auf meiner Reise nordwärts bin ich zwar sowohl in Rainbow als auch in Hervey gewesen, aber nicht auf Fraser. Geldbeutel, Wetter und die Aussicht, mit den Eltern übersetzen zu können, legte mir damals nahe zu warten.

Wir wollten uns für einen Tag einen eigenen Geländewagen mieten und die Insel mit ihrem Strand und den 4WD-Wegen auf eigene Faust erkunden. Die Planung dieses Ausflugs war meine Aufgabe und unterlag damit der 24h-Regel. Im Wesentlichen ist diese Planung mit einem Anruf bei dem zuvor gegoogelten Anbieter getan, schwieriger wird es bei einem ausgebuchten Osterwochenende. Zu meiner Verteidigung ist jedoch zu sagen, dass wir bis zum Abend vor dem Anruf keine Reisetermine hatten und bis dato nicht wussten, wann wir in Hervey Bay sein werden.

Nach mehreren ausgebuchten Anbietern hatte ich doch Herzklopfen, als ich bei "Fraser Dingo 4WD Hire" anrief. Weil ein Max aber immer Glück hat, wurden wir zur Einweisung am kommendem Abend eingeladen.
Diese Einweisung besteht im Wesentlichen aus ein paar Worten zum Auto und einem Video, das jeder Fraser-Fahrer by law gesehen haben muss und nur wegen den Unfallbildern interessant ist. Message des Films: Speeding ist böse und man darf keine Hände aus dem Fenster strecken (fines do apply).

keiner hats gesehen...

Der Vermieter Ashley präsentierte sich typisch australisch als sehr freundlich und locker. Er besitzt ausschließlich Toyota Landcruiser der achtziger Jahre, die alle Namen tragen. Unser Landcruiser hieß Jojo, war Baujahr 1985, mit der Dose lackiert und hatte neben einem massiven Kuhfänger auch die hakende Schaltung und den Sound, den man von so einem betagten Fahrzeug erwartet.

Jojo

Das Wetter präsentierte sich von seiner besten Seite und um den Tag auf Fraser optimal nutzen zu können, buchten wir die frühst- und spätmögliche Fähre. Um neun Uhr traten wir die 45 Minuten-Überfahrt auf Fraser an, nachdem es auch die letzten Fahrer rückwärts auf das Boot geschafft hatten. Das Publikum war vom deutschen Touri im zugetürkten Mietsuzuki zum professionellen Offroad-Australier im hochgelegten Toyota breit gefächert.


Auf Fraser Island gibt es praktisch keinen Asphalt: von den mehreren tausend Straßenkilometern sind nur ein paar hundert Meter geteert. Das macht einen Geländewagen wirklich notwendig, wie uns bei der ersten Etappe nach dem disembarken direkt bewiesen wurde: auf sandigem Boden ging es steil bergauf, mit Löchern, Pfützen und Absätzen. Trotz dieser Hürden, die die Fahrzeug-Fahrer-Kombination problemlos überwand, fühlten sich die ersten Kilometer an wie auf einem Geländewagen-Highway. Die Straße war voll und zweispurig. Doch nach den ersten Kreuzungen verlor sich die Fährladung und die Wege wurden und blieben einspurig.


Play safe on Fraser Island: Fines do apply

Ups. Traffic ahead

Das Highlight eines jeden Fraser-Ausflugs ist wohl das Fahren auf dem Strand. Auf der Ostseite erstreckt sich der o. g. 75-Mile-Beach, der vollständig befahrbar ist - vorausgesetzt, es herrscht Ebbe. Salzwasser sorgt für den schleichenden Rost-Tod eines jeden Fahrzeugs, weshalb die Fahrzeugvermietungen den Strand nur bei Ebbe +/- 2h freigeben.

Diese Zeitspanne lag für uns ungünstig in der Mitte des Tages, weshalb wir Highlight Nr. 2 vorzogen: Lake McKenzie.


Dieser Süßwassersee ist zwar nicht der größte, aber dafür populärste See auf der Insel. Dementsprechend voll war der Hauptstrand und nur durch einen Tipp von Ashley fanden wir einen kleineren, leeren Strand.
Der See selber war jedoch nicht so klar und schön, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Er war zwar nett anzusehen, doch war ich enttäuscht und verstehe nicht, warum er so beliebt ist. Unsere Baggerseen zuhause sind auch Süßwasser und haben auch Stände...vielleicht haben wir nach den vorangegangen heftigen Regenfällen eine schlechte Zeit erwischt, denn seinem Ruf wurde Lake McKenzie nicht gerecht.


Wir brachen nach dem selbstverständlichen Schwimmen auch bald zum Strand auf, um dort möglichst viel Zeit zu verbringen. Wir waren schneller am Ostende als erwartet und durften daher noch nicht fahren - doch dann erspähten wir diese Cessna:


Der Strand der Insel wird nämlich nicht nur als Straße, sondern auch als Landebahn genutzt. Ein Blick nach oben oder in den Rückspiegel schadet nicht!

Cessna und Pilot boten Rundflüge an und weil "Beachlanding" noch als eines der wenigen Dinge auf Papas Piloten-ToDo-Liste stand, ging es eine halbe Stunde später zu viert in die Luft. Fraser von oben, definitiv empfehlenswert!

Die hellen Flecken sind Sanddünen

Erst aus ein paar hundert Metern Höhe begreift man die Größe der vollends grünen Insel und sieht die Vielzahl der Seen. Der Strand bietet mit seinen brechenden Wellen ein atemberaubendes Motiv, die Sanddünen zeigen sich wortwörtlich von einer anderen Seite und wer Glück hat, kann durch das dichte Blätterwerk der Bäume nicht nur einen 4WD-Track erspähen, sondern auch einen staubigen Geländewagen. Im Wasser konnte man mit Glück Haie sehen, die Schwimmen auf Fraser unmöglich machen.


Unsere Landebahn

Lake McKenzie


Der Pilot zeigte uns in den zwanzig Minuten Flug mit interessanten Erläuterungen die wichtigen Plätze der Insel. Gerade bei einer Tagestour, die die Reichweite auf der Insel stark einschränkt, lohnt sich diese Art der Fortbewegung. Allerdings bedauerte Papa die Checkliste des Copiloten:

1) Fasten your seat belt
2) Don't touch anything.


Der tiefe Anflug über den Strand war dennoch auch für ihn eine Erfahrung.



Wenn Fraser Island ein Maskottchen hat, dann ist es der Dingo. Jeder Touranbieter hat entweder "Fraser" oder "Dingo" auf der Türe kleben und so ist kein Frasertrip komplett, wenn man nicht mindestens einen Dingo zu Gesicht bekommen hat.

Wer sich noch an den Blogpost vom Australia Zoo erinnert, kennt die typische Statur des Dingos. Als Abkömmling des indischen Wolfs sind Kopf und Pfoten hundeähnlich, der Körper selber ist aber unproportional dünn und regt daher viele Touristen zum Füttern an. Obwohl auch das (natürlich) by law verboten ist, haben sich die Dingos in den letzten Jahrzehnten an den Menschen gewöhnt und ihre Scheu fast verloren.


Der Dingo ist dennoch ein echtes wildes Raubtier, das an der Spitze der Nahrungskette steht. Für die Bushtoilette der Camper bedeutet das: nicht alleine und nicht ohne Stock. Die Resorts auf der Insel sind eingezäunt und nur über Viehgitter begehbar.

Wir hatten Glück und sahen unseren Dingo ganz easy während dem Warten auf den Flug.

Close-up - er kam direkt ans Auto, wir hatten Schiss

Der japanisch-deutsche Tagestourbus: Freude über den Dingo

Das Fahren auf dem Strand ist ziemlich cool und wirklich kein Hexenwerk. Durch den Regen war der Sand schön fest und die Hochgeschwindigkeit am Strand von 80 km/h schnell erreicht. Es herrschte mehr Verkehr, als man es an einem Strand erwartet. Alle außer dem Wurm durften sich an der hakenden Gangschaltung und dem normalerweise Toyota-fremden "Gefühl des Straßenkönigs" versuchen.


Fines do apply.

Landcruiser: Klettertour für einen Wurm


Die Strandetappen werden durch Felsen, Creeks und Inland-Tracks unterbrochen. Um und über die Felsen fährt man nach eigenem Ermessen. Die Creeks, also kleine Bäche oder Flüsse, die ins Meer münden, dürfen durchfahren werden, weil sie in der Regel Süßwasser führen. Am interessantesten sind die Inland-Tracks, da sie oft steil ansteigen und holprig sind. Unser Landcruiser hatte mit all dem kein Problem, doch seine wirkliche Qualität hat er auf der Rückfahrt bewiesen.

Es ist nicht ungefährlich: frische Nissan-Leiche
Auf der Fahrt nordwärts mussten wir wegen der Fähre immer den Rückweg im Hinterkopf behalten. Um mit zeitlicher Reserve anzukommen und die Möglichkeit eines kleinen Zwischenstopps zu haben, kehrten wir früher um als nötig.
Als wir bemerkten, dass wir sehr gut voran kamen, entscheiden wir uns - nur des Spaßes wegen - für einen kleinen Umweg, der nach ein paar hundert Metern wieder am Strand herauskommen sollte. Nach mehr als ein paar hundert Metern war jedoch klar, dass dieser Weg woanders hinführt. Blöd war nur, dass es keine Möglichkeiten zum Wenden gab und deshalb weiter gefräst werden musste.


Nach einigen Kilometern bergauf kamen wir an einem Lookout an. Von dort hatten wir einen schönen Blick auf Strand und Dünen, doch konnten wir mit der Zeit im Nacken nicht allzu lange bleiben. Beim Herausfahren aus dem Parkplatz stellte sich dann die Frage: nach links, den eben gefahrenen Weg zurück? Oder nach rechts, einen vielleicht kürzeren riskieren?
Moritz kam jeder Diskussion mit "was man anfängt, bringt man auch zu Ende" zuvor und so ging es ohne Karte oder Handyempfang nach rechts.


Die Straße war wirklich schön. Nachdem wir aber nach Kilometern weder auf Schilder, noch auf andere 4WDler trafen, wurde der ein oder andere Passagier unruhig. Was, wenn dieser Weg nicht direkt genug Richtung Anleger führt? Was, wenn wir im Sand stecken bleiben? Mit jeder Minute wurde es ruhiger.

Weil wir aber alle stets zuversichtlich sind und ich so oder so immer Glück habe, folgten wir weiter dem Track - zumal es zu spät war, umzukehren. Das erste Schild, das wir entdeckten, war aber nicht gut...20 km in unter einer Stunde waren auf solchen Wegen einfach nicht zu schaffen -alleine für die 13 km von West nach Ost benötigten wir um die 1,5h.

Ab diesem Schild wurde es vollends still im Auto: was, wenn wir die Fähre nicht mehr schaffen? Was, wenn wir übernachten müssen? Die Offroader, die uns entgegen kamen, planten definitiv Camping. Wir hatten nicht einmal einen Pullover im Gepäck! Der Landcruiser wurde ordentlich getreten. 
Mir ist es nicht allzu fremd, mit einer Zeitreserve aufzubrechen und dann doch knapp dran zu sein, aber wenn's drauf ankommt klappt es immer. Diesmal kam es darauf an, allerdings sah es nicht so aus, als würden wir es noch schaffen.

"Fräsen auf Fraser"
Es ist wohl nicht zu erklären wie, doch brachte uns die Verbindung aus Fahrzeug, Fahrer, Zeitdruck und Glück letztendlich doch noch zu bekannten Wegen. Ab dort wussten wir die Route und waren fast im grünen Bereich. Wie, weiß keiner! Ohne Reifenplatzer oder Franzosen würden wir ankommen, was allen fünf einen großen Stein vom Herzen fallen lies. Ganz locker waren wir aber erst am Fähranleger, den wir sogar mit Backup erreichten.
Und ich gebe zu: Eigentlich war diese Stunde mit erhöhtem Adrenalinspiegel mit das beste am Ausflug.


Unser Landcruiser Jojo hat einen tollen Job gemacht. Vermieter Ashley ist freundlich, herzlich und kooperativ (er ließ uns mit dem Wohnmobil im Hof übernachten), weshalb wir Fraser Dingo 4WD Hire uneingeschränkt weiterempfehlen können.

Fraser ist eine tolle Insel und sollte bei keiner Ostküstenreise fehlen. Beachdrive, dicke Autos und Abenteuerfeeling bedürfen keiner Glorifizierung und sind mindestens einen Reisetag wert! Allerdings muss man sich auf viele Touris einstellen, wenn man nicht gerade mitten durch die Pampa fräsen muss wie wir. In seiner Gesamtkombination aus Action, sinnlosem CO2 und wunderschöner Natur ist Fraser sicher einzigartig.

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